Artikel 42 Zusammenarbeit und Kommunikation der Gerichte
(1) Um die Koordinierung von Hauptinsolvenzverfahren, Partikularverfahren und Sekundärinsolvenzverfahren über das Vermögen desselben Schuldners zu erleichtern, arbeitet ein Gericht, das mit einem Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens befasst ist oder das ein solches Verfahren eröffnet hat, mit jedem anderen Gericht, das mit einem Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens befasst ist oder das ein solches Verfahren eröffnet hat, zusammen, soweit diese Zusammenarbeit mit den für jedes dieser Verfahren geltenden Vorschriften vereinbar ist.
Die Gerichte können hierzu bei Bedarf eine unabhängige Person oder Stelle bestellen bzw. bestimmen, die auf ihre Weisungen hin tätig wird, sofern dies mit den für sie geltenden Vorschriften vereinbar ist.
(2) Bei der Durchführung der Zusammenarbeit nach Absatz 1 können die Gerichte oder eine von ihnen bestellte bzw. bestimmte und in ihrem Auftrag tätige Person oder Stelle im Sinne des Absatzes 1 direkt miteinander kommunizieren oder einander direkt um Informationen und Unterstützung ersuchen, vorausgesetzt, bei dieser Kommunikation werden die Verfahrensrechte der Verfahrensbeteiligten sowie die Vertraulichkeit der Informationen gewahrt.
(3) Die Zusammenarbeit im Sinne des Absatzes 1 kann auf jedem von dem Gericht als geeignet erachteten Weg erfolgen. Sie kann sich insbesondere beziehen auf
    a) die Koordinierung bei der Bestellung von Verwaltern,
    b) die Mitteilung von Informationen auf jedem von dem betreffenden Gericht als geeignet erachteten Weg,
    c) die Koordinierung der Verwaltung und Überwachung des Vermögens und der Geschäfte des Schuldners,
    d) die Koordinierung der Verhandlungen,
    e) soweit erforderlich die Koordinierung der Zustimmung zu einer Verständigung der Verwalter.

Artikel 43 Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen Verwaltern und Gerichten
(1) Um die Koordinierung von Hauptinsolvenzverfahren, Partikularverfahren und Sekundärinsolvenzverfahren über das Vermögen desselben Schuldners zu erleichtern,
    a) arbeitet der Verwalter des Hauptinsolvenzverfahrens mit jedem Gericht, das mit einem Antrag auf Eröffnung eines Sekundärinsolvenzverfahrens befasst ist oder das ein solches Verfahren eröffnet hat, zusammen und kommuniziert mit diesem,
    b) arbeitet der Verwalter eines Partikularverfahrens oder Sekundärinsolvenzverfahrens mit dem Gericht, das mit einem Antrag auf Eröffnung des Hauptinsolvenzverfahrens befasst ist oder das ein solches Verfahren eröffnet hat, zusammen und kommuniziert mit diesem, und
    c) arbeitet der Verwalter eines Partikularverfahrens oder Sekundärinsolvenzverfahrens mit dem Gericht, soweit diese Zusammenarbeit und Kommunikation mit den für die einzelnen Verfahren geltenden Vorschriften vereinbar sind und keine Interessenkonflikte nach sich ziehen.
(2) Die Zusammenarbeit im Sinne des Absatzes 1 kann auf jedem geeigneten Weg, wie etwa in Artikel 42 Absatz 3 bestimmt, erfolgen.

Publikation "EU Cross-Border Insolvency Court-to-Court Cooperation Principles"

Informationen zum JCOERE Projekt (in englischer Sprache)"

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Kooperation zwischen Insolvenzgerichten - EU

Die Bedeutung des Themas wurde auch im Bereich des Europarechts erkannt.

Dies zeigt sich zum Einen in der neuen Verordnung (EU) 2015/848 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 über Insolvenzverfahren (Neufassung), welche die bisherige Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates über Insolvenzverfahren ablöst.
Diese neue Verordnung ist seit 26.06.2015 in Kraft, ist aber nur auf solche Insolvenzverfahren anzuwenden, die nach dem 26. Juni 2017 eröffnet worden sind.
Der bisherige Artikel 31, der sich nur mit der Kooperation zwischen Verwaltern befasste, wird ersetzt und inhaltlich erweitert durch den neuen Artikel 41.
Außerdem werden mit den neuen Artikeln 42 und 43 Regeln für die Kooperation zwischen Gerichten (Artikel 42) sowie zwischen Verwaltern und Gerichten (Artikel 43) geschaffen. Den Wortlaut dieser neuen Bestimmungen finden Sie in der linken Spalte.

Zum Anderen wird dies deutlich aus einem von der Europäischen Union und dem International Insolvency Institute gemeinsam finanzierten Projekt zur Entwicklung einer Handreichung für die praktische Umsetzung der Kooperation und Kommunikation.
Das Ergebnis dieses Projekts wurde im Jahr 2015 von dem inzwischen emeritierten Professor Bob Wessels der niederländischen Universität Leiden in dem Band "EU Cross-Border Insolvency Court-to-Court Cooperation Principles" veröffentlicht.
Der Band enthält die 26 Grundsätze für die grenzüberschreitende Zusammenabeit von Gerichten in Insolvenzverfahren ("EU JudgeCo Guidelines") und 18 Richtlinien für die Kommunikation zwischen Gerichten in Insolvenzverfahren ("EU JudgeCo Guidelines").
Professor Wessels stellt in seinem Vorwort fest, dass Kommunikation zwischen Gerichten in Insolvenzverfahren innerhalb der EU sich auf nur wenige Fälle beschränkt. Er sagt aber voraus, dass sich dies in absehbarer Zeit ändern wird. Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen Gerichten verschiedener Mitgliedsstaaten würden zu einem Eckpfeiler der effizienten und effektiven Führung von Insolvenzverfahren werden.
In der linken Spalte finden Sie den Link zu einer PDF Datei, in der diese Grundsätze dargestellt sind.
Bislang sind diese Grundsätze nur in Englisch erhältlich.

Die Verschiedenartigkeit der Insolvenzrechtssysteme in den EU-Mitgliedsstaaten und die daraus resultierende Erwartung, dass dies eine Verstärkung richterlicher Kooperation über Staatsgrenzen hinweg erforderlich machen wird, führte zu dem sogenannten JCOERE Projekt verschiedener europäischer Universitäten. Informationen dazu finden Sie über den entsprechenden Link in der linken Spalte.

Die Bedeutung dieser und auch der auf der Seite "International" erwähnten Grundsätze und Leitlinien erschließt sich aus der Neufassung des Erwägungsgrunds 48 der EuInsVO, dessen letzter Satz wie folgt lautet:
Bei ihrer Zusammenarbeit sollten Verwalter und Gerichte die bewährten Praktiken für grenzüberschreitende Insolvenzfälle berücksichtigen, wie sie in den Kommunikations- und Kooperationsgrundsätzen und -leitlinien, die von europäischen und internationalen Organisationen auf dem Gebiet des Insolvenzrechts ausgearbeitet worden sind, niedergelegt sind, insbesondere den einschlägigen Leitlinien der Kommission der Vereinten Nationen für internationales Handelsrecht (UNCITRAL).